Geburtsbericht Finn am 27.12.2015

 


Der errechnete Entbindungstermin war erreicht. Bis dato hatte ich eine tolle komplikationslose Schwangerschaft, die ich in vollen Zügen genießen konnte. Ich war mit einem Beschäftigungsverbot ab der 14. SSW daheim, da ich als Krankenschwester in einer Dialyse arbeite.


Der ET liegt zwischen den Jahren, kein Arzt hatte geöffnet. So fuhren wir ins Krankenhaus in dem ich auch vorhatte zu entbinden um ein Routine-CTG schreiben zu lassen.
Viele Schwangere, wir warteten lange. Endlich wurde ein Platz am CTG frei, allerdings auf einem Sofa. Also saß ich während des CTG´s.  30 Min. sollte es dauern. 
Nach ca. 20 Min. sanken die Herztöne auf ca. 60. Ich dachte der kleine Mann sei weg gerutscht und wartete kurz ab. Dann hörte ich aber auch wie sein Herzschlag immer langsamer wurde und klingelte nach einer Hebamme. Man sah ihr die Anspannung an. Ich musste mich auf das Sofa legen, sie rüttelte an meinem Bauch rief nach einer Ärztin. Die Herztöne wurden wieder besser, ich musste nun aber 24 Stunden zur Überwachung stationär aufgenommen werden. Der Schock war groß. Für einen kurzen Moment dachte ich mein Baby stirbt gerade in meinem Bauch.  Mein Mann war ebenso total schockiert. Ab einem Herzschlag von 55 Schlägen/Min. würde man einen Säugling der auf der Welt ist bereits reanimieren.


Die Hebamme beruhigte meinen Mann und mich und erzählte uns, dass unser Baby vielleicht die Nabelschnur in der Hand hatte und sie kurz festgehalten habe. In anderen Ländern würde es gar keine CTG´s geben, dadurch hätte man so einen Vorfall überhaupt nicht bemerkt und das Kind wäre trotzdem putzmunter auf die Welt gekommen.


Ich wurde also stationär aufgenommen, bekam aus reiner Vorsorge eine Aufklärung zum Kaiserschnitt und einen Ultraschall. Das Baby wurde auf 3800g geschätzt.  Da der ET erreicht war und man nichts riskieren wollte, würde man mich einleiten wollen, allerdings erst am nächsten Tag, da die Entbindungsstation momentan sehr ausgelastet sei.
Na gut. Bis dahin hatte ich ein Verbot den Fahrstuhl zu benutzen. Ich sollte alle Treppen mitnehmen, die es gab. Vielleicht ginge die Geburt so ja von alleine los. 
Mein Mann fuhr zwischenzeitlich heim und holte meine Sachen. Wir hatten das Glück, dass er mit in mein Zimmer ziehen konnte. 


Am Nachmittag und am Abend hatte ich jeweils einen CTG-Termin. Nachmittags war ich alleine, da mein Mann in dieser Zeit meine Sachen zuhause holte. Da lag ich, mit heftigen Symphysenschmerzen, keiner einzigen Wehe und die Herztöne unseres Babys sanken wieder. Diesmal auf 80/90 Schläge/Min. Die Hebammen baten mich jedes Mal meine Position zu wechseln, also wälzte ich mich im Bett umher, bis wir eine Position gefunden hatten, in der sich das Baby erholte und die Herztöne wieder stabil waren.  Der Arzt kam zum Gespräch und sagte uns, dass unser Baby Stress hätte und man nicht wüsste woher dies komme. Am Abend solle ich nochmal zum CTG kommen. Gesagt, getan.
Wieder das Selbe, die Herztöne fielen ab, ohne jegliche Wehe. Einfach so. Die ganze Schwangerschaft war doch alles in Ordnung. Bei jedem Herztonabfall bekam ich Angst, Angst, dass das kleine Herz aufhört zu schlagen, Angst, dass es unserem Baby schlecht geht. Angst vor einem Kaiserschnitt. 


Während der Oberarzt im OP Zwillinge entband, sah er auf einem Bildschirm meine CTG-Kurve. Da wieder ein deutlicher Abfall zu verzeichnen war und unser Baby sich laut dem Oberarzt von jedem Herztonabfall schlechter erholte fiel das Wort Kaiserschnitt recht schnell. Zuerst wolle man mir aber einen Wehenhemmer spritzen und eventuelle Wehen verhindern, die eventuell zu diesen Abfällen der Herztöne führten. Ich musste fast weinen, denn ich wollte doch eigentlich endlich Wehen bekommen, dass unser kleiner Schatz zur Welt kommt.
Der Wehenhemmer haute rein, ich wurde zittrig, mein Puls stieg. Normale Nebenwirkungen. Doch auch unter dem Wehenhemmer sanken die Herztöne.


Der Oberarzt kam und empfahl uns jetzt gleich einen Kaiserschnitt machen zu lassen. Total perplex und völlig überfordert mit der Situation entschieden wir uns dazu unser Baby nicht zu gefährden und willigten ein.
Ich fragte, ob ich noch schnell duschen dürfte. Dem Oberarzt war das aber zu gefährlich und so musste ich mich sofort in ein schickes OP-Hemd begeben, bekam Kompressionsstrümpfe an, mein Mann rannte in unser Zimmer um das Set für die Plazentaglobuli zu holen und brachte unsere Handys auf das Zimmer. Als er wieder kam, saß ich aufgeregt und gleichzeitig voller Vorfreude auf unser Baby auf dem Bett und fragte ihn ob er das Handy für Fotos nach der Geburt bereit hätte. Nein hatte er nicht, die waren ja auf unserem Zimmer. 
Also rannte er nochmal hoch, voller Panik, er würde den Kaiserschnitt verpassen, kam aber zum Glück wieder rechtzeitig kurz bevor ich die letzten Meter als Schwangere im OP-Hemd in den OP watschelte.


Die Rückenmarksanästhesie wurde gelegt. Das war garnicht so schlimm. Viel schlimmer war, die Braunüle die nochmals neu auf meiner Handoberfläche gelegt werden musste und die Aufregung, gepaart mit Vorfreude und den Nebenwirkungen des Wehenhemmers.
Das OP-Team war toll und hatte gute Laune. Sie banden mich in ihr Gespräch mit ein, wollten wissen wie unser Baby heißen wird und erklärten mir jeden Schritt genau.
Als die Rückenmarksanästhesie zu wirken begann kribbelten meine Beine und ziemlich schnell spürte ich nichts mehr. Meine Arme wurden rechts und links fixiert. Vor mir wurde ein Tuch gespannt was die Sicht auf meinen noch kugelrunden Bauch verdeckte. Ich schaute ständig zur Tür ob mein Mann reinkommt. Der Oberarzt desinfizierte meinen Bauch und meine Beine. Ich spürte, dass er etwas an meinem Bauch macht, aber mehr nicht. Ich bekam einen Blasenkatheter gelegt und wurde an mehreren Stellen gezwickt und gefragt ob ich das spüre. Alles war taub, das beruhigte mich.


Mein Mann kam rein. Der erste Schnitt wurde gemacht. Es ruckelte, sie rissen meinen Bauch auf. Ich hörte wie jemand das Fruchtwasser und das Blut absaugte. Es ruckelte, ich rucktelte, ich verspürte einen Druck und da war er: Der erste Schrei von unserem Kind. Ich weinte vor Glück und vor Erleichterung.  Finn war geboren. Am 27.12.2015 um 20.35 Uhr.


Sie zeigten ihn uns nur ganz kurz und verschwanden dann mit ihm zur ersten Untersuchung. Meinen Mann nahmen sie mit. Das war mir wichtig. Ich wollte nicht, dass Finn alleine ist.
Jetzt musste ich wieder zusammen genäht werden. Das war eine lange Zeit. Ich wollte zu meinem Kind. Zwischendurch erfuhr ich, dass Finn rundum gesund und putzmunter ist. Das hat mich sehr beruhigt. 


Nach ca. 25 Min. war ich wieder zusammen geflickt. Ich wurde zu meinem Kind gefahren. Im Kreißsaal saß mein Mann mit freiem Oberkörper und hatte Finn auf dem Arm. Er wurde mich sofort auf die Brust gelegt. Er war so weich, so warm und so perfekt. Mein kleiner Junge. Gesund und munter. Ich legte ihn direkt an und er trank super gut die ersten kleinen Tropfen Milch.


Der Oberarzt kam zu uns um uns zu gratulieren und erst dann gab er zu wie heikel die Situation gewesen sei. Im Nachhinein verstand ich auch warum ich nicht mal mehr duschen gehen durfte. Es ging wohl wirklich um jede Minute, Finn war in meinem Bauch nicht mehr sicher.


Bis heute bleibt die Frage offen, was der Grund für die Herztonabfälle war. Was gewesen wäre, wenn wir nicht zum Routine-CTG gefahren wären. Das Wichtigste jedoch ist, dass wir einen quitschfidelen supersüßen Jungen haben den ich so sehr liebe, dass ich es nicht in Worte fassen kann.


Dennoch musste ich viele Monate verarbeiten was wir erlebt haben und damit klar kommen das Finn nicht auf natürlichem Wege zu Welt kam.

 

 

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© Kristina Wierzba-Bloedorn