Felia Louise

 

Meine heilsame fast Alleingeburt nach Kaiserschnitt. 
*Trigger wegen vorangegangenem Kaiserschnitt *

Damit ihr verstehen könnt, was diese Erfahrung für mich bedeutet, muss ich etwas weiter ausholen. 
Im Februar 2017 durfte ich zum 1. Mal Mama werden. Geplant war eine Geburt im Geburtshaus. Leider kam damals alles anders als gewünscht und die Geburt endete 37 Stunden nach Blasensprung  in einem Kaiserschnitt, da mein Muttermund nicht weiter als 7,5 cm aufging. 


In den folgenden Jahren habe ich mich sehr mit der Geburt und weshalb es so gekommen ist, auseinandergesetzt und für mich festgestellt, dass ich durch den damals vorhandenen Zeitdruck von außen und die unzähligen Interventionen nicht loslassen konnte. Deshalb war für mich klar, dass ich bei der Geburt unseres nächsten Kindes unbedingt möglichst ungestört sein möchte.

 

Nach fast 3 Jahren Kinderwunsch war ich endlich wieder schwanger. Die Schwangerschaft verlief bis auf sehr viel Übelkeit in den ersten 4 Monaten und vorzeitige Wehen in der 30. SSW sehr entspannt und komplikationslos.

 

Nachdem meine Hausgeburtshebamme leider 2 Monate vor Geburtstermin abgesprungen ist, da ihr nicht bewusst war, dass Übergewicht wohl ein Ausschlusskriterium für dieses Geburtshaus ist, war ich erstmal vor den Kopf gestoßen. Ich kontaktierte unzählige Hebammen, aber so kurz vor ET hatte natürlich keine Hebamme mehr Kapazitäten für mich... Ich stellte mich also in der Klinik vor. Der Arzt begann das Gespräch damit, mir zu erklären, dass er schon einen Kaiserschnitttermin für mich eingetragen hat, da eine natürliche Geburt nach Sectio viel zu gefährlich sei... Da ich auf keinen Fall wieder in diese Krankenhausmaschinerie rutschen wollte, fing ich an, mich mit dem Thema Alleingeburt auseinander zu setzen. Ich las verschiedene Bücher und Geburtsberichte und fühlte, dass es für mich der richtige Weg ist. Mein Mann stand voll und ganz hinter mir und wir entschieden, dass wir es einfach auf uns zu kommen lassen und solange zu Hause bleiben wie es sich richtig anfühlt und uns ganz von meiner Intuition welches für das Baby und mich während der Geburt der richtige Weg ist, leiten lassen. 

 

09.06.2021
In den letzten Tagen hatte ich bereits sehr häufig Vorwehen und wartete jeden Tag darauf ob es denn nun vielleicht soweit ist. An diesem Morgen war ich irgendwie schlecht gelaunt und sehr emotional. Ich hatte einfach keine Lust mehr, alles tat weh und ich wollte dich endlich in meinen Armen halten. Es war der Tag, den ich als Geburtstermin ausgerechnet hatte und einen Tag vor deinem offiziellen ET. 


Um kurz vor 15:00 Uhr bekam ich die erste Wehe. Sie war schon relativ intensiv und ich dachte, hmm.... mal sehen... Die Wehen blieben, kamen direkt in 10 min. Abständen und wollten auch schon veratmet werden. Es war ein wunderschöner Sommertag mit herrlichem Sonnenschein. Ich freute mich, denn mir war schnell klar, dass es nun wirklich losgeht. Ich lief also in unserem Garten auf und ab und veratmete Wehe für Wehe. Es fühlte sich alles soo gut an. So richtig. Ich war voll bei mir, voll in meiner Energie und wusste diesmal wird alles gut. Da es so heiß war, beschloss ich mich im Pool etwas abzukühlen und vertönte dort die nächsten Wehen. Mein Mann brachte mir zwischendurch immer wieder leckeren Birnensaft, war für mich da, wenn ich ihn brauchte und kümmerte sich um unseren 4 Jährigen, wenn der ihn brauchte. Als ich genug vom Wasser hatte, ging ich raus und lief wieder tönend durch den Garten. Es tat gut das Gras unter meinen Fusen zu spüren, die Vögel zu hören und so ganz mit meiner weiblichen Kraft verbunden zu sein. Die Wehen kamen mitlerweile alle 5 Minuten. Ich ging ins Haus, um zu sehen was mein kleiner großer Junge gerade macht. Kurz vor der Treppe nach oben kam eine sehr starke Wehe, die ich laut vertönen musste.

 

Mein Sohn, der gerade in der Badewanne saß, rief : "Mama komm schnell, ich glaub hier ist ein Löwe im Haus!"

 

Ich ging nach oben zu meinem Sohn, der gerade badete und erklärte ihm, dass das kein Löwe war, sondern ich und dass ich jetzt richtige Wehen habe und dass das ganz toll ist, weil das bedeutet, dass seine kleine Schwester heute kommt. Noah war ganz außer sich vor Freude und verkündete gleich, dass er dann ja jetzt zu seinem Freund darf, um bei ihm zu übernachten.

 

Darüber war ich sehr erleichtert, denn weil Noah noch nie vorher woanders geschlafen hat, waren wir uns unsicher, wie das für ihn wird. Mein Mann rief also unsere Freundin Maike an, die nur 5 Minuten entfernt wohnt und sie holte Noah ab.

 

Kaum war Noah aus dem Haus, veränderten sich die Wehen. Sie kamen plötzlich im 2 Minuten Takt und wurden richtig schmerzhaft. Ich dachte  mir okay, jetzt gibts kein Zurück mehr. Ich erinnerte mich an den Satz, den eine Freundin mal zu mir sagte "Jede Wehe bringt dich deinem Kind ein Stück näher."  Das gab mir neue Energie. Ich wies meinen Mann an, vorsichtshalber die letzten Dinge im die Kliniktasche zu schmeißen,

unterbrach ihn aber 2 min später dabei, weil ich ihn bei mir brauchte und mir klar wurde, dass ich so definitiv nicht mehr Autofahren kann. Ich hielt mich an ihm fest um die nächsten Wehen zu veratmen. Die Wehen waren sehr intensiv und kaum noch zu ertragen für mich. Ich krallte mich in seinen Arm und bat ihn, mir in die Wanne zu helfen.

 

Das warme Wasser war guuuut. Es half sofort und gab mit wieder Kraft. Mein Mann war sehr liebevoll und zärtlich zu mir, das tat mir gut. Nach einer Zeit hielt ich es nicht mehr im Liegen in der Wanne aus und stellte mich hin. Ich zog den Duschvorhang zu und ließ mir das heiße Wasser über den Rücken laufen. Die Wehen steigerten sich noch mal in ihrer Stärke und kamen nun vollkommen ohne Pausen. Es war kaum auszuhalten.

 

Und ich sagte zu meinem Mann "Das nächste Kind wird adoptiert!". Ich bewegte mich unter dem Geplätscher des heißen Wassers und gab mich den Wehen vollkommen hin. Ich bekam nichts mehr mit um mich herum und hatte immer wieder den Satz meiner Hebamme des Geburtsvorbereitungskurses im Kopf:" Its only Pain."

 

Dann platzte die Fruchtblase. Mein erster Gedanke war: "Wie praktisch, dass ich unter der Dusche stehe." Nun wurden die Schmerzen erträglicher und die Wehen veränderten sich. Ich hatte das starke Bedürfnis zu pressen. Dann ging mein Kopf an. "Oh pressen darf man erst wenn der Muttermund auf ist..." Und mein Geburtstrauma der ersten Geburt mit dem niemals vollkommen geöffneten Muttermund meldete sich. Ich tastete nach dem Muttermund und fühlte dort irgendetwas, dass ich nicht definieren konnte. Ich bekam Angst, hoffentlich ist nicht die Nabelschnur vorgerutscht? Ohje, was wenn doch? Ich versuchte weiterhin den Pressdrang so gut es irgendwie ging zu unterdrücken, was mir aber nicht so ganz gelang. Ich war hin und her gerissen. Mein Gefühl sagte, alles ist gut. Du schaffst das. Doch die Angst sprach, oh Gott, was ist, wenn nicht?

 

Nach einer Zeit sagte ich zu meinem Mann, ich brauche Unterstützung und er soll Hilfe anrufen. In dem Moment, wo mein Mann nach dem Handy griff, kam jemand die Treppe hoch. Mein Mann kam wieder ins Bad und sagte, ich muss niemanden anrufen, die sind schon hier. Die Nachbarn hatten mein lautes Tönen wohl verunsichert und sie hatten, nachdem wir ihr Klopfen nicht hörten, den Rettungsdienst gerufen. Ich stand also nackt unter der Badewanne, am Beckenrand aufgsstützt, als 2 Sannis das Bad betraten. Der junge Mann sah mich an und fragte: " Bandscheibenvorfall? "

 

ich musste lachen und sagte: Nein, Geburt!

 

Die Überraschung und auch ein bisschen Angst standen dem jungen Mann ins Gesicht geschrieben. Mein Mann half mir aus der Dusche und die Sannis fragten, ob wir ins Kinderzimmer gehen können, da dort am meisten Platz ist und es der nächste Raum ist. Wir gingen also in Noahs Zimmer und ich kniete mich auf den Boden. Gott sei Dank war die andere Sanitäterin eine Frau, die selbst bereits ein Kind geboren hat und erklärte ihrem Kollegen, der mich aufforderte, mich hinzulegen, dass ich genau in der Position bleiben soll, in der ich mich wohl fühle. Obwohl alles anders war als gedacht, war ich irgendwie froh, über die Anwesenheit der Sanis. Sie waren beide total nett und einfühlsam und haben mich einfach machen lassen. Wenige Minuten nach den Sannis kam dann noch ein Notarzt dazu, der mich untersuchte. Er meinte, er fühlt schon das Köpfchen und dass es nicht mehr lange dauern wird. Ich sagte panisch: "Aber mein Muttermund ist doch noch gar nicht auf!"

 

Aber er sagte: "Doch, klar, der ist komplett eröffnet! " ich war so unglaublich erleichtert und konnte es gar nicht fassen...

 

"Dann darf ich ja pressen!"

 

Nun konnte ich endlich loslassen...

 

Ich realisierte, dass ich es wirklich schaffen würde! Ich würde dieses Kind aus eigener Kraft gebären! Ich hatte es geschafft! Der Muttermund war offen! Also ließ ich los. Mein Mann war hinter mir und ich lehnte mich an ihn und da war er, der Ring of Fire. 3 Wehen später, um 21:54 (ca 20 min nach Eintreffen der Sannis) war unsere wunderschöne perfekte kleine Tochter geboren! (4040g, 52cm 36cm KU) Sie schrie sofort und ich legte sie auf meine Brust und sagte: "Hallo Felia Louise, ich bin deine Mama! Schön dass du da bist! "

 

Im selben Moment sagte ich " Die Nabelschnur wird auspulsieren gelassen! "

 

Ich konnte es noch gar nicht glauben. Mein Mann auch nicht. Immer wieder küssten wir uns und sagten uns, dass wir es tatsächlich geschafft haben. Felia sah mich mit großen neugierigen tief dunkelblauen Augen an. Meine Tochter, die ich gebären durfte! Ich war durchflutet von Liebe und Glückseligkeit! Ich kann Gebären!

 

Soo viel heilte in diesem Moment in mir, all die Selbstzweifel weil ich es nicht geschafft hatte, mein Kind auf die Welt zu bringen. Ich fand meine Weiblichkeit zurück. Ich fühlte mich stark und kraftvoll und wunderbar und erst jetzt bemerkte ich, dass inzwischen nicht nur die Sanis und der Notarzt da waren, sondern auch ein Geburtshilfeteam aus der Uniklinik, ein Kinderarzt und ein Rettungswagen für Neugeborene. All diese Menschen waren im intimsten und schönsten Moment meines Lebens dabei und das komplett ohne zu stören! Das hätte ich niemals für möglich gehalten.

 

Ich erklärte, weshalb man die Nabelschnur auspulsieren lässt und dass es okay ist, dass die Plazenta noch Zeit braucht... Ich glaube die Helfer merkten, dass ich mich sehr vorbereitet hatte und genau wusste, wie ich es möchte und deshalb ließen sie mich machen.

 

Irgendwann fragte jemand, ob wir denn keine Hebamme haben und wir erklärten, dass wir eine Hebamme haben, aber sie keine Hausgeburt begleitet. Sie fragten, ob sie die Hebamme anrufen sollen. Und so kam unsere Hebamme dann pünktlich zur Platzentageburt noch dazu. Felia lag eine Stunde auf meiner Brust, bevor der Kinderarzt und die Hebamme zusammen und sehr liebevoll die U1 gemacht haben.

 

Wir entschieden, dass es keinen Sinn für uns macht, noch mit ins Krankenhaus zu fahren. Also ging das ganze Team bis auf unsere Hebamme, die noch ein bisschen blieb, um zu unterstützen und zu helfen. Dann ging auch sie. Wir kuschelten uns ins Bett und bewunderten dieses perfekte, wunderschöne kleine Mädchen. ❤️Felia Louise❤️

 

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© Kristina Wierzba-Bloedorn