Vorgehen bei BEL

 

 

 

Dr. Gerd Eldering, ehemaliger Chefarzt VPH, Geburthilflich-gynäkologische Abteilung des Vinzenz-Pallotti-Hospitals Bensberg in Deutschland

 

An der geburtshilflichen Abteilung des Vinzenz Pallotti Hospital Bensberg kommt ca. jedes 2. Baby in BEL auf natürliche Weise zur Welt. Ab der 32. Woche wird ein Stufenprogramm mit Akupressur und Fußzonenreflexmassage angeboten und wenn nötig und möglich in der 37. Woche eine äußere Wendung versucht. Wenn sich das Kind nicht dreht, was letztlich bei ca. 50% der Geburten der Fall ist, legen wir in unserer Abteilung sehr viel Wert auf eine aufrechte Gebärhaltung: 80% der Steißlagen-Mütter gebären auf dem Gebärhocker oder stehend am Geburtsseil. Die Hilfe der Schwerkraft ist bei BEL Geburten wesentlich für eine unkomplizierte und rasche Entwicklung.


Bei Aufnahme einer Schwangeren mit Beckenendlageneinstellung wird nicht wie üblich von der Hebamme Aufnahme-CTG und Aufnahme-Untersuchung durchgeführt. Die Hebamme ruft in diesem Fall gleich den Arzt, der folgende Maßnahmen durchführt:

 

  • Bimanuelle Untersuchung: Bishop-Score, Blasensprung
  • Ultraschall: Biometrie, Plazentalokalisation, Haltung der Beine
  • Venöser Zugang bei Wehen bzw. entsprechendem MM Befund, dabei ev. die noch ausstehenden Blutuntersuchungen (zB. Thrombos)
  • CTG

 

Mit der Schwangeren wird ausführlich über den Geburtsmodus gesprochen. Wenn eine vaginale Geburt angestrebt wird, wird das Einverständnis zur vaginalen und (sekundären) Sectio eingeholt, der Anästhesist und Neonatologe vom Arzt selbst und auch das OP Team informiert (stand-by). Die Hebamme hält Wehenhemmer aufgezogen und Syntoinfusion am CTG Gerät bereit. Ab regelmäßiger Wehentätigkeit wird kontinuierlich überwacht und selbstverständlich alle Maßnahmen und Befunde exakt dokumentiert.
Wir halten die rechtzeitige Bereitstellung für den Notfall für sehr wichtig, um Ruhe in den Ablauf einer Beckenendlagengeburt zu bringen. Das dient nicht nur den werdenden Eltern, sondern auch der psychischen Verfassung des Geburtshelfers. Deshalb sollte auch auf die Wahrung der Intimsphäre geachtet werden, das heißt, dass sich nicht zu viele Personen um die Gebärende scharen; Kinderarzt und Kinderkrankenschwester können z.B. auch im Reanimationsbereich vor dem Kreißsaal warten.


Die Hebamme: In den letzten 20 Jahren war in den meisten Häusern kaum noch Beckenendlagengeburtshilfe praktisch erlernbar. Dementsprechend kennen sie viele Hebammen und Hebammenstudentinnen fast nur noch aus Büchern. Wenn mehrere Kolleginnen im Dienst sind, ist es günstig, die in dieser Hinsicht erfahrenste Hebamme beizuziehen. Bei der Auswahl des Kreißsaals sollte auf genügend Platz und die Nähe zum OP geachtet werden. Wir sehen keine Kontraindikation darin, bei entsprechendem Befund auch mit Blasensprung eine Frau unter der Geburt baden zu lassen, allerdings unter kontinuierlicher Unterwasser-CTG-Registrierung. Die Kooperation zwischen Hebamme, Arzt und Frau ist wichtig. Wenn die Schwangere und ihr Partner wissen, dass Beckenendlagengeburtshilfe zeitaufwendiger sein kann als üblicherweise, kann der Partner auch einmal ein paar Stunden zum Ausruhen weggehen. Die Hebamme assistiert beim Durchtritt (z.B. Epi, Kristellern). Anlässlich einer sekundären Sectio kann es auch wichtig sein, den Steiß vom BB hinaufzuschieben.

 



Konservatives Vorgehen bei Beckenendlagen ab der 34. Schwangerschaftswoche

Das Beckenendlagenprogramm im Donauspital am Sozialmedizinischen Zentrum Ost in Wien


R. Großbichler, A. Pichler, G. Schäfer, K. Schuchter, M. Putz, K. Philipp

 

Wurden rund 60% der Beckenendlagen 1994 im Donauspital noch auf normalem Wege entbunden, so musste festgestellt werden, dass 1997 99,9% aller Beckenendlagen per primären Kaiserschnitt zur Welt gebracht wurden. Diese Änderung im Geburtsmodus veranlasste das Hebammenteam des Donauspitales genauere Informationen über den "State of the art" im Bereich Beckenendlagen zu erkunden.


Klar war, dass es nicht möglich ist, bei den Geburtshelfern ein Umdenken zu erreichen, sondern es vielmehr zu bewerkstelligen, die Zahl der Beckenendlagen so gering als möglich zu halten. Wir arbeiteten ein Konzept aus, welches sich mit dem konservativen Vorgehen bei Beckenendlagen ab der 34. Schwangerschaftswoche durch Hebammen beschäftigt. Dieses Konzept wurde dem Primarius vorgelegt, welcher sofort einen Arbeitskreis bestehend aus Fachärzten und Hebammen installierte. Nach sehr kurzer intensiver Arbeit konnte ein komplettes Betreuungsprogramm einschließlich der Möglichkeit der Äußeren Wendung angeboten werden. Start des Programms Juli 1998.

 

Das Konzept


Im Donauspital wird jede Frau in der 34. Schwangerschaftswoche unter anderem durch eine Ultraschalluntersuchung kontrolliert. Handelt es sich in der 34. Schwangerschaftswoche um eine Beckenendlage oder Querlage, so wird die Frau automatisch an die Hebamme im Kreißzimmer verwiesen.
Mittels eines kurzen Gespräches wird der Frau erklärt, über eine Woche die Indische Brücke 2x täglich 15 Minuten zu versuchen. Weiters werden der Frau nach genauer Gebrauchserklärung Moxahütchen für 3 Tage mit nach Hause gegeben. Der nächste Kontrolltermin im Kreißsaal wird für genau eine Woche später vergeben.
In der 35. Schwangerschaftswoche wird mittels Leopoldscher Handgriffe und Ultraschall die Lage des Kindes festgestellt, sollte es sich nach wie vor um eine Beckenend- oder Querlage, so wird der vorangegangene Vorgang wiederholt und der Kontrolltermin wieder für eine Woche später vereinbart.
Sollte das Kind in der 36. Schwangerschaftswoche noch immer in Beckenend- oder Querlage sein, so wird an eine auswärtige Ärztin zur Akupunktur geschickt. Zum selben Zeitpunkt führt der Oberarzt der geburtshilflichen Station ein Informationsgespräch über den Geburtsmodus und über die Möglichkeit der Äußeren Wendung. Sollte sich die Frau zu einer Äußeren Wendung entschließen, so wird diese in der ungefähr 37. Schwangerschaftswoche versucht.

Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 380 Lageanomalien in der 34. Schwangerschaftswoche (SSW), die bis dato geboren haben, in die Ergebnisse einbezogen. 222 Kinder, dies entspricht 58%, haben sich in Schädellage gedreht (siehe Abbildung 1). Bei den 380 Lageanomalien in der 34. SSW handelte es sich um 332 Beckenendlagen und 48 Querlagen. 182 Kinder, 55%, aus der Beckenendlagengruppe drehten sich bis zum Zeitpunkt der Geburt in Schädellage, bei 40 Kindern, also 83%, aus Querlage war es auch der Fall.
Interessant erschien uns die Überlegung, die Drehungsfrequenz im Bezug zur Parität zu setzen. Folgende Ergebnisse konnten erzielt werden:
Bei 193 Erstgebärenden, deren Baby sich in der 34.SSW in Beckenend- oder Querlage befand, drehten sich 77 Kinder in Schädellage, dies entspricht 40%. 102 Kinder, 77%, von 133 Zweitgebärenden und 43, 80% der Kinder von 54 mehr als Zweitgebärenden drehten sich bis zur Geburt in Schädellage.


Die Drehungsfrequenz der Beckenendlagenkinder der 34. SSW bis zur Geburt ergibt nach Parität folgendes Ergebnis: 62 Kinder von 175 Erstgebärenden (35%), 84 Kinder von 113 Zweitgebärenden (74%) und 26 Kinder von 44 mehr als Zweitgebärenden (98%) drehten sich bis zur Geburt in Schädellage (siehe Abbildung 4). Auch bei dieser Betrachtungsweise ist festzustellen, dass Kinder von Mehrgebärenden weitaus häufiger per Schädellage am Geburtstag das Licht der Welt erblicken.


Wir stellten uns auch die Frage ob es Unterschiede in der SSW gibt, das heißt, ob sich Kinder in einem bestimmten Zeit-raum der Schwangerschaft öfter oder weniger oft drehen.
Eindeutig ergibt sich das Ergebnis, dass sich Kinder im Zeitraum zwischen 34. und 35. SSW deutlich häufiger drehen, nämlich von 380 Lageanomalien in der 34. SSW auf lediglich 220 in der 35. SSW, ab der 35. SSW drehten sich nur mehr 76 Kinder (siehe Abbildung 5 und 6). Wichtig war uns auch der Vergleich zu jenen Geburten (n=99), bei welchen in der 34. SSW eine Beckenend- oder Querlage festgestellt wurde, allerdings bis zum Zeitpunkt der Geburt keine Interventionen getroffen wurden.


Hier ergibt sich ein statistisch signifikantes Bild: 42% der Kinder blieben nach Intervention in einer regelwidrigen Lage, hingegen waren es in der Vergleichsgruppe 55% (n=158 vs. n=54). Eine Schädellage konnte bei 58% der Projektgruppe, aber nur bei 45% der Vergleichsgruppe am Tag der Geburt festgestellt werden. (n=222 vs. n=45, p=0,0278, Chi-Quadrat-Test).
Somit ergibt sich, dass ein "Beckenendlagen"-Programm, wie es an unserer Abteilung gehandhabt wird auch den Geburtsmodus verändert. Wurden in der Vergleichsgruppe (n=99) noch 56% (n=55) aller Kinder mit Lageanomalie in der 34. SSW per Sectio geboren, so waren es im Rahmen des Programms (n=380) nur mehr 48% (n=182). Die Spontangeburten lagen in der Vergleichsgruppe bei 39% (n=39), in der Programmgruppe bei 9% (n=187). Die Manualhilfen lagen in der Vergleichsgruppe bei 5% (n=5), in der Programmgruppe bei 3% (n=11).


Bei dem "Beckenendlagen"-Programm im Donauspital handelt es sich um eine erfolgreiche, nicht zeitaufwendige und kostengünstige Methode, Beckenendlagen so gering als möglich zu halten. Zu bemerken ist, dass die Zufriedenheit der Frauen, aber auch die Sicherheit und Einstellung zur Geburt als positiv zu merken ist. Weiter kann mit dem Programm auch der Geburtsmodus verändert werden, vor allem zeigte sich ein Trend zu einer niedrigeren Sectiofrequenz.


Deutlich wird auch, dass sich mehr Frauen zu einem Versuch der normalen Geburt entscheiden und so auch die Sicherheit der Geburtshelfer und Hebammen im Bereich der Betreuung einer Beckenendlagen Geburt steigt. Insgesamt handelt es sich um eine sehr einfache und auch für Hebammen attraktive Arbeit, die mithilft, das Geburtsbewusstsein der werdenden Mütter zu steigern, Ängste zu nehmen, und einen sinnvollen Beitrag in der "Risiko"schwangerenbetreuung zu liefern.

 

 

 

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© Kristina Wierzba-Bloedorn