9. April 2017
In der Ausgabe des Kölner Stadtanzeigers ist in der Rubrik Land/Region ein Artikel in der Wochendausgabe 8./9. April erschienen mit der Überschrift: "Telefonische Tipps für Blitz-Geburt im Bad". Mich läßt dieser Artikel irritiert zurück....
Der Autor des Artikels (Ralf Rohrmoser-von Glasow) beschreibt darin den Verlauf einer ungeplanten Hausgeburt in Königswinter. Die schwangere Frau bekommt Wehen, es ist ihr zweites Kind und die Geburt verläuft schneller als geplant. Der Vater ruft den Krankenwagen und während dieser unterwegs ist, wird bereits der Kopf des Kindes geboren. Der Vater ruft erneut in der Leitstelle an. Am anderen Ende des Telefons spricht er mit einem "erfahrenen" Feuerwehrmann. Der Vater stellt das Telefon auf "Lautsprecher". Der Autor schreibt an dieser Stelle, dass die Familie und der Freuerwehrmann die Hausgeburt gemeinsam angegangen wären. Der Feuerwehrmann gibt dem Vater die Anweisung, die Mutter auf den Boden zu legen. Außerdem spricht er die Empfehlung aus, dem neugeborenen Kind mit einem "leichten Klaps" auf den Hintern zu hauen. Der Feuerwehrmann äußert, dass er "den Hut ziehe" vor dem Vater, den er von Hörer zu Hörer unterstützt hätte, um seine Tochter auf die Welt zu bringen.
Zunächst stellt sich mir hier die Frage, wer hier ein Kind auf die Welt gebracht hat. War es der Vater oder sogar (auch) der Feuerwehrmann? Oder könnte es eventuell sein, dass es die Frau war, die dieses Kind geboren hat? Mir zeigt dies nur deutlich, die Haltung in unserer Gesellschaft zum Thema Geburt: die Frauen erleben ihren Körper als defizitär, weil ihnen ihre Umgebung dies spiegelt. "Du kannst das nicht (allein). Du benötigst dazu fachgerechte Hilfe..." In den Medien begegnen mir selten Berichte über Geburten, in denen von der Kraft und Schönheit einer Geburt erzählt wird. Unsere Geburtshilfe schafft es viel zu selten, Frauen zu "gebären", die die Geburten ihrer Kinder genau so erleben: für den Rest ihres Lebens stärkend, selig, friedvoll, schön! Aber dies ist die Realität: es ist möglich, eine positive Geburt zu erleben. Es ist möglich, eine Geburt zu erleben, von der frau gerne und begeistert erzählt, die andere Frauen stärkt, Kinder zu bekommen. Nur unsere Geburtshilfe läßt das nicht zu. Immer mehr Krankenhäuser schließen ihre geburtshilflichen Abteilungen, wodurch andere Häuser diese Geburten mit auffangen, immer mehr Hebammen müssen ihre (freiberufliche) Tätigkeit aufgeben. Und die Arbeit im Schichtdienst läßt es sehr wenig zu, Frauen in den sensibelsten und bedeutsamsten Stunden ihres Lebens individuell und ganzheitlich zu begleiten. Und ganz häufig sind es dann in den Augen vieler Menschen nicht die Frauen, die das Kind (in erster Linie) zur Welt bringen, sondern der Arzt, der Vater, die Hebamme. Und es gibt sogar viele Gebärende, die auch dises Gefühl haben: "Nicht ich war es, die das Kind geboren hat. Es war der Arzt bzw. die Hebamme." Wie oft höre ich außerdem: "Wie gut, dass wir in der Klinik waren. Ohne die Hilfe des Arztes wäre es böse ausgegangen." Viel zu wenig bekannt ist, dass die Geburtshilfe selber es ist, die durch ihre Interventionen und Begleitung, ihre Sichtweise auf den "defizitären" Frauenkörper, pathologische Geburtsverläufe provoziert.
Besonders irritiert und fast schon ein wenig amüsiert war ich, als ich die antiquiterten Tipps des Feuerwehrmannes hörte. Warum nur soll der Mann die Frau hinlegen? Geburten verlaufen einfacher und schneller, wenn Frauen sich dabei in aufrechten Positionen befinden. Und ein Neugeborenes braucht auch niemand auf den Po zu schlagen. Es atmet ganz von selber. Und es ist außerdem durch die Nabelschnur weiterhin noch mit der Mutter (und der Sauerstoffquelle) verbunden.
Warum lese ich nicht: "Frau bringt Kind in unkomplizierter und schneller Hausgeburt in Anwesenheit des Vaters zur Welt" ??? War es jemals in der Geschichte der Menscheit anders, dass die Frauen es waren, welche die Kinder zur Welt brachten?
Meine herzlichen Glückwünsche gehen an die Mutter, ja die ganze Familie: Alles erdenklich Gute zur Geburt Eures Kindes! Ich freue mich, dass Ihr eine unkomplizierte Geburt erleben durftet und nun auf dieser Welt ein neuer kleiner Mensch wandelt.
Ich kann mir vorstellen, dass solche Situationen eher selten im Leben eines Feuerwehrmannes vorkommen. Und sicher waren beide Männer verunsichert und aufgeregt, weshalb Dinge gesagt und getan werden, die unter normalen Umständen vielleicht nicht passieren würden.
Trotzdem bleibt ein Punkt ganz besonders festzuhalten: es ist IMMER (ich betone: IMMER) die Frau, welche das Kind zur Welt bringt. Selbst bei einem Kaiserschnitt.